Geschlechterdemokratie

Der Begriff Geschlechterdemokratie thematisiert einerseits die ungleichen Rollen von Frauen und Männern: Es gibt strukturelle Ungleichheiten in der gesamtgesellschaftlichen Arbeitsteilung zwischen Erwerbsarbeit und Familien- und Betreuungsarbeit und in den Möglichkeiten an politischer Gestaltung und Partizipation. Geschlechterdemokratie zielt andererseits auf eine gleichberechtigte Partizipation und Repräsentation beider Geschlechter in demokratischen Gesellschaften hin. Das bedeutet, dass Frauen und Männer mit denselben Chancen an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft teilhaben sollen. (Vgl. Rosenberger/Sauer, Politikwissenschaft und Geschlecht, 2004)


Männerdominanz in der Demokratie

Das demokratische politische System widerspiegelt die strukturelle Ungleichheit im Geschlechterverhältnis und trägt dazu bei, diese zu festigen. Es kommt zu einer Ungleichverteilung von Macht, die auf zwei Ebenen stattfindet: Auf Ebene der politischen Vertretung (Repräsentation) gibt es in den politischen Funktionen immer noch ein Ungleichgewicht. Vor allem in den Top-Positionen finden sich mehr Männer als Frauen (siehe dazu Grafik: Frauenanteil im Nationalrat unter angehängte Dateien am Ende des Artikels) Auf inhaltlicher Ebene folgt die politische Gestaltung eher den Bedürfnissen einer männlichen erwerbszentrieren Biographie, die als geschlechtsneutraler Lebensentwurf dargestellt wird. Gleichzeitig werden bestimmte Politikfelder wie beispielsweise Familienpolitik als "weiblich" kodiert. (Vgl. Rosenberger/Sauer 2004, S.27)


Der Geschlechtersubtext in der repräsentativen Demokratie

Das Wort Demokratie bedeutet Volksherrschaft. Eine wichtige Eigenschaft der westeuropäischen Demokratien ist die Repräsentationsidee, also die Widerspiegelung der Anliegen des Staatsvolks im politischen System. Männer hatten in der Demokratie kraft ihres Geschlechts einen Vorsprung, ihre Interessen zu formulieren: Weltweit erhielten Frauen später das Wahlrecht als Männer. Die Politologin Sieglinde Rosenberger sieht für diese "demokratische Verspätung von Frauen in politischen Institutionen" als charakteristisch, "…dass sich die 'Spätkommenden' den bereits existierenden Gegebenheiten anzupassen haben:" (vgl. Rosenberger 1999, S.9)

Staatliche Institutionen und die Bürokratie in der demokratischen Staatsform sind ebenfalls entlang von Geschlechterhierachien organisiert: Zum einen weisen Staatsapparate einen viel höheren Anteil an Männern auf. In den Institutionen ist eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung festzustellen, wobei die unteren Ebenen zumeist von Frauen, die höheren Positionen zumeist von Männern besetzt wurden. Zum zweiten werden auf inhaltlicher Ebene in der Politik unterschiedliche geschlechtsspezifische Interessen ungleich stark thematisiert (vgl. Rosenberger/Sauer, 2004). Drittens sind die Regeln, Werte und Strukturen innerhalb der staatlichen Institutionen vom männlichen Blickwinkel geprägt.



Quellen

Rosenberger 1999, "Das halbierte Leben, die verspätete Demokratie, die doppelte Arbeit"
Rosenberger/Sauer 2004, "Policy-Geschlechtlichkeit"


Links

Einführung des Frauenwahlrechts weltweit
Bilderserie zur ersten Bürgermeisterin Österreichs


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